Veganismus Reloaded

Sonntag, den 30. Juni 2013, geschrieben von Denk Mal

Es ist ca. halb zehn Uhr morgens irgendwo in Deutschland, als ich meine Emails und diesen Blog hier kontrolliere und einen Leserkommentar zu dem Artikel „Veganismus unter der Lupe“ entdecke. Ich bin neugierig und lese mich zügig durch. Der Absender enttäuscht zwar erst etwas durch seine sich immer wiederholenden Beleidigungen, aber wenn man diese zur Seite schiebt, bleiben einige sehr schöne pro-vegane Argumente übrig, die ich so schon öfter gelesen und gehört habe. Warum also nicht einen Artikel daraus machen, frage ich mich. Ich hatte zwar nie vor, mich für meine eigene Ernährungsweise irgendwie rechtfertigen zu müssen, aber die allgemeine Uninformiertheit ist dermaßen erschreckend, dass ich gerne einen Beitrag zur Aufklärung leisten möchte. Denn wie immer ist nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint...

Fangen wir mit der Kernfrage des Vegetarier-/ Veganertums an: Bin ich ethisch gesehen ein besserer Mensch, wenn ich auf das Essen bzw. indirekte oder direkte Töten von Tieren weitgehend verzichte?

Dies lässt sich natürlich nicht so einfach beantworten, wie ich bereits in meinem letzten Artikel („Veganismus unter der Lupe“) versucht habe zu zeigen. Meine persönlichen Nachforschungen haben zum Beispiel ergeben, dass, nach den neuesten Erkenntnissen zu urteilen, zwischen dem Töten von Pflanzen und Tieren wohl kaum nennenswerte Unterschiede bestehen.

"Was bitte?", werdet ihr euch fragen, "ist das nicht vollkommen abstrus und an den Haaren herbeigezogen"? Tja, möglicherweise, vielleicht aber auch nicht. Fest steht, solange man sich nicht selbst einmal ausführlich damit beschäftigt hat, wird man es nie erfahren. Und wer daran tatsächlich ein ernsthaftes Interesse hat, kann gerne weitere Details in meinem verlinkten Beitrag oder durch die Suchfunktion im Internet erfahren. In diesem Artikel möchte ich das Thema jedenfalls nicht weiter verfolgen und mich lieber auf andere Aspekte konzentrieren.

Jetzt also erstmal weiter im Text, denn diese bisherigen Erkenntnisse haben natürlich, obwohl ich auch weiterhin von einem Verzicht tierischer Produkte überzeugt war*, mein Weltbild erschüttert. So dachte ich, sind es am Ende trotzdem noch die Omnivoren, die mehr Leid erzeugen - Pflanzen hin oder her. Immerhin müssen durch Fleischkonsum nicht nur Tiere sterben, die direkt auf den Tellern landen, sondern auch weitere unzählige, dem Nahrungszwecke dienende Pflanzen ihr Leben lassen. Ja mehr noch, der zusätzlich dafür benötigte Ackerbau tötet darüber hinaus viele weitere größere und kleinere Tiere und Pflanzen, und zerstört generell die unmittelbare Umwelt – es macht sogar viele Regionen der Erde auf lange Sicht unbewohnbar! Außerdem was ist mit den vielen Menschen die auf dieser Welt Hunger leiden müssen, weil wir wertvolle Lebensmittel an Tiere verfüttern? Ein Argument folgte dem anderen. Bevor ich nun aber auf all diese verschiedenen Gedanken im Detail eingehe, möchte ich zwei grundlegend wichtige Punkte festhalten:

  • Einmal erscheint es mir mittlerweile sonderbar, von einem „ethisch korrekteren“ oder gar „guten“ Menschen zu reden, nur weil dieser weniger Leichen auf dem Kerbholz hat. Es gibt für mich per se keinen moralischen Mörder, ob dieser nun ein, zwei, drei oder hundert Leben auf dem Gewissen hat. Bei einem Menschen-Mörder würde sich diese Frage nach der Ethik gar nicht erst stellen, bei dem Töten von anderen Lebewesen begegne ich diesem Argument jedoch häufiger - Sinn macht es in beiden Fällen nicht.
    Dies soll natürlich nicht heißen, dass es nicht wünschenswert wäre und ist, das Leid auf diesem Planeten zu verringern. Was das betrifft, bin ich vollauf dafür, aber ich würde mich davor hüten die eine Seite als moralischer als die andere zu bezeichnen. Wenn man dieser Logik auf den Grund geht und ehrlich ist, dann sind wir doch am Ende allesamt unmoralisch. Ja, um noch genauer zu sein, ist das Leben an sich schon durch und durch unmoralisch, denn es beruht ja auf dem Prinzip von Fressen oder Gefressen werden.

  • Der andere Punkt, welchen ich für weitaus wichtiger halte, ist der, dass es doch vorallem der Ackerbau ist, den wir zu einem der schlimmsten Übel zählen sollten, die diesen Planeten je befallen hat.

So, ich glaube an dieser Stelle werden viele erst einmal innehalten und sich fragen, was zum Teufel diese Person am anderen Ende des Internets eigentlich will. Ja, was zum Teufel nochmal(!) – genau dasselbe dachte ich mir auch, als ich auf all diese Informationen gestoßen bin. Deswegen ganz langsam der Reihe nach.

Für den Anfang möchte ich darauf hinweisen, dass es erst der Ackerbau war, der diese KZ´s für Tiere überhaupt möglich gemacht hat. Es wäre niemals auch nur annähernd umsetzbar gewesen, so viele Tiere auf so engem Raum mit diesen Mengen an Nahrung zu versorgen, wenn es nicht irgendwo auf der Welt Ackerflächen gegeben hätte, auf denen z.B. Getreide, Soja und Mais in rauen Mengen angebaut worden wäre. Natürlich hätten ohne den Ackerbau auch niemals größere Städte entstehen können, aber das und alles was ansonsten noch damit zusammenhängt, bietet genügend Material für einen anderen umfangreichen Artikel und gehört sicherlich nicht hierher.

Schauen wir uns lieber an, was der exzessive, industrielle Ackerbau sonst noch so zu verantworten hat. Denn tatsächlich könnten in einem Quadratmeter Mutterboden bis zu 1000 verschiedene Tierspezien leben, ja richtig gelesen, nicht einzelne Tiere sondern Spezien. Ich weiß natürlich, dass viele Personen solches Kleingetier nicht mit Kühen, Schweinen, Hühnern und Co gleichsetzen können oder wollen, aber nach all den Erkenntnissen über die Pflanzenwelt, weiß ich wirklich nicht wo man denn bitteschön die Grenze ziehen soll. Und sind beispielsweise die zahlreichen Kartoffelkäfer und -larven, die gerne alle Kartoffelpflanzen bis auf das letzte Bisschen abfressen möchten nicht lebenswert genug? Klar, wenn sie nicht das Feld räumen, haben wir Menschen keine Ernte. Beherzte Veganer oder Vegetarier könnten an dieser Stelle vielleicht auf die Idee kommen, all die armen Tierchen einzusammeln und sie irgendwo auszusetzen, wo sie wenigstens dem Tode entgehen und in Frieden ihr restliches Leben leben können. Aber halt! Was sollen die kleinen Tierchen denn dann noch essen? Leider sterben sie nämlich früher oder später, wenn sie nicht zufällig einen anderen Kartoffelacker befallen können. Tja, also doch lieber tottrampeln oder wie? Und das ist nur eins der vielen Massaker, die die Landwirtschaft so mit sich bringt.

Sehr wahrscheinlich gibt es unter den Lesern einige, die solche Gedanken befremdlich, um nicht zu sagen grotesk bis lächerlich finden. Vielleicht stellt ihr euch auch die Frage, warum ich sowas überhaupt schreibe? Naja um ganz ehrlich zu sein, habe ich damit selbst schon schmerzliche und tränenreiche Erfahrungen gemacht, die ich auch gerne hier mit diesem Artikel verarbeiten wollte.

Aber zurück zum Thema Ackerbau. Fakt ist halt, dass auch unzählige Hasen und Mäuse bei der maschinellen Ernte zu Tode kommen, genauso wie der Lebensraum von zahlreichen Vögeln, Fischen, Feldhamstern, Maulwürfen, Wölfen, Bären und Großkatzen zerstört wird. In Wahrheit gleicht die Landwirtschaft einem großen Krieg, einer ethnischen Säuberung. Einheimische pflanzliche und tierische Siedler werden ausradiert und zurückgedrängt, damit die Invasoren das Land übernehmen können. Es bleibt kaum noch ein Ort an dem Wildtiere ungestört leben können und jedes Jahr fallen millionenfach vor allem die kleineren Tiere wie Hasen den Erntemaschinen zum Opfer. Auch sie zählen – sie starben für unser täglich Brot.

Auch wenn wir das gerne ignorieren oder vergessen möchten, aber es sollte eigentlich jeden von uns bis ins letzte Detail interessieren, was im Gesamtprozess getötet wurde, was alles zerstört werden musste, um diese Nahrung auf unsere Teller zu schaffen. Wie viele Wälder wurden abgeholzt, wie viele Flüsse gedämmt und trocken gelegt, wie viele Grasebenen beackert, wieviel saftiger Mutterboden ausgelaugt, ausgetrocknet und schlussendlich in Staub verwandelt und wie viele Grundwasserpegel sind infolgedessen drastisch gesunken? Und wo ist sie hin die Vielfalt der Natur, die vielen Pflanzen- und Tierarten die wegen unserer unglaublichen Landvernichtung entweder schon ausgestorben sind oder noch um ihr Überleben kämpfen? Vom menschlichen Elend ganz zu schweigen.

Wenn wir ehrlich sind, ist die Landwirtschaft der schlimmste Fleischfresser von allen. Nur lässt sich die dadurch angerichtete Zerstörung und der Tod leichter ausblenden und ignorieren, als die offensichtlichere Zerstörung durch das direkte Töten von Tieren für den menschlichen Bedarf.

Der Ackerbau ist raubtierhaft: was er frisst sind Ökosysteme, und er verschluckt sie ganz.“

Dass vorallem Monokulturen das Leben auf diesem Planeten vernichten, ist weder neu, noch eine Erkenntnis der letzten paar hundert Jahre - in alten Zeiten war dies sogar der zerstörerischste Faktor in der Landwirtschaft: Der massive Anbau von Weizen verwandelte nämlich bereits im alten Sumer wertvolle fruchtbare Ebenen in Salzflächen, die sogar heute noch, 5000 Jahre später, steril sind.

Und sehen wir uns mal die aktuellen Zahlen zur Bodenvernichtung an: Jährlich verlieren wir ungefähr geschätzte 24 Billionen Tonnen an Oberflächenboden, was etwa der Fläche der Schweiz entspricht. Trockengebiete, die ungefähr 40 % unserer Landflächen ausmachen, sind bereits zu 70 % von Bodendegradation betroffen. Da die Degradation ein schleichender Prozess ist, wird sie von den Bauern erst in einem sehr späten Stadium wahrgenommen. Ein Landwirt kann dabei in einer einzigen stark verregneten Nacht ungefähr 0,1 cm Boden verlieren, was 1,2 Tonnen verlorenem Boden auf 1000 m² entspricht. Nach 20 Jahren sind dann schon über 20 cm des Bodens unwiederbringlich verloren gegangen. Um diese Menge an Erdboden neu bilden zu können, würde es fast annähernd 4000 Jahre benötigen - eine überaus kostbare Ressource also.

Die Ursachen für diesen Bodenverlust sind vielfältig und lassen sich einmal in der Vernichtung der Vegetationsdecke finden (Brandrodung, Abholzung, Überweidung), dem Anbau von Monokulturen, der ständigen und extremen Verdichtung der Bodenstrukturen (vorallem durch immer schwerere Maschinen und größere Nutztierbestände) und damit dem Abtöten des Lebens innerhalb der Erde. Ebenso trägt das ständige Beackern, d.h. Umgraben der Böden einen großen Teil dazu bei, dass sich nie ein dauerhafter und kräftiger Boden entwickeln kann. Normalerweise besteht der Erdboden nämlich aus langsam gewachsenen Schichten, die durch das Umgraben völlig durcheinander gebracht werden. Viele Kleinstlebewesen sterben dabei ab, weil sie z.B. in untere Schichten verfrachtet werden, die nicht genug Sauerstoff bieten. Ohne diese lebendige Schicht haben dann wiederum die Pflanzen das Nachsehen, weil sie nicht genug mit Nährstoffen versorgt werden. Außerdem ist es gerade der belebte Boden, der in der Lage ist, deutlich mehr Wasser aufzunehmen und zu speichern, er ist auch lockerer und schützt zu guter Letzt vor Bodenerosion.

Neben dem Verbrauch des Bodens und der Wasserquellen produziert die Monokultur auch anderweitige Umweltschäden, die massiv die empfindliche Balance der natürlichen Ökosysteme stören: Allein die Weltreisproduktion verursachte beispielsweise im Jahr 1993 155 Millionen Fälle von Malaria, weil sie den Moskitos Unmengen an Brutflächen bot.

Apropos Ackerbau. Stimmt es nun eigentlich, dass dieser Quadratmeter für Quadratmeter mehr Nahrung produziert als Viehhaltung? Gemäß der britischen Gruppe Vegfam können nämlich auf 10 Morgen Land 60 Personen mit Soja, 24 mit Weizen, 10 mit Mais und lediglich 2 mit Rindern ernährt werden. Schauen wir uns hingegen mal an, was die Polyface Farm auf 10 Morgen Land mit einer nachhaltigen Landwirtschaft produzieren kann:
 
  • 3000 Eier
  • 1000 Fleischhühner
  • 80 Suppenhühner
  • 2000 Pfund Rindfleisch
  • 2500 Pfund Schweinefleisch
  • 100 Truthähne
  • 50 Hasen
Tatsächlich sind diese Mengen für 9 Personen ausreichend. Damit die nachhaltige Landwirtschaft aber langfristig funktionieren kann, muss hinzugefügt werden, dass 10 Morgen Land von 45 Morgen Wald benachbart werden. Ein Vergleich von Quadratmeter für Quadratmeter ist da gar nicht so einfach. Dies gilt im gleichen Maße für die andere Seite, denn der von der Vegfam vorgerechnete Ertrag wäre so dauerhaft gar nicht haltbar bzw. würde massiv die Böden auslaugen und auf lange Sicht zerstören. Auch hier wird es erforderlich, dem Boden regelmäßige Ruhe- und Erholungszeiten zuzugestehen, damit dessen Fruchtbarkeit nicht zerstört wird. Zudem ist es für den Menschen unmöglich, sich ausschließlich oder zu großen Teilen von Soja, Weizen oder Mais zu ernähren – schwerste Mangelerscheinungen wären vorprogrammiert. Man müsste der Gesundheit zuliebe den Speisezettel also noch massiv mit anderen pflanzlichen Produkten ergänzen. Im Gegensatz zur Vegfam würde die Polyface Farm aber mit einem eher geringen Anteil an alternativer pflanzlicher Kost auskommen, denn die Eier, das Fleisch und die Innereien können, richtig eingesetzt, einen Großteil des menschlichen Bedarfs abdecken, wie schon überwiegend von tierischen Produkten lebende Naturvölker zeigen.
Ich persönlich sehe die Zukunft aber weder in der einen noch in der anderen extremen Anbauweise bzw. Tierhaltung. Denn gemischte Farmen sind, nach traditionellen Richtlinen, nachweislich gesünder für den Boden und bringen auch mehr Ernten hervor. Wie es z.B. Mark Purdey schon detailliert ausgeführt hat, können auf einem gemischten Hof bis zu 5 Ernten im Jahr erwirtschaftet werden, während es bei Monokulturen eine oder höchstens zwei sind.
An dieser Stelle möchte ich gerne festhalten, dass es nicht die Tierhaltung ist, die zu Mangel und Hunger führt, sondern unkluge landwirtschaftliche Praktiken und monopolistische Verteilungssysteme. Die Rückkehr zu gemischten Bauernhöfen, in denen Kulturen von Früchten und Gemüsen mit der Aufzucht von Vieh und Geflügel kombiniert wird, kann in effizienter, sowie umwelt- und tierfreundlicher Art und Weise geschehen: Hühner die frei über den Hof und die Wiesen rennen dürfen, fressen Insekten und Grün, und produzieren gleichzeitig gute Eier und auch Fleisch - genauso wie die Laufenten, die in den Gärten und der Umgebung die Schnecken vertilgen. Kühe hingegen die in Waldgebieten und anderen mageren Gebieten grasen, liefern Milch und machen auch karges Land wirtschaftlich lebensfähig, ebenso wie Schafe, die in Obstgärten grasen, Herbizide überflüssig machen können uam.
Kehren wir aber nun wieder zu der alles entscheidenden Frage zurück, die ich weiter oben schon gestellt hatte:

Sind Omnivoren nun die „schlechteren“ Menschen, weil sie mehr Leid erzeugen oder nicht?

Dies lässt sich fürs Erste nicht pauschal beantworten. Falls damit die typischerweise konventionelle Tierhaltung gemeint ist, kann diese Frage wohl in den allermeisten Fällen mit einem eindeutigen Ja beantwortet werden - Ausnahmen kann es sicherlich geben. Wenn wir hingegen von Bio-Tierhaltung reden, muss man die Kriterien bei herkömmlichem Bio von z.B. den strengeren Bioland- oder Demeter-Regelungen unterscheiden. Es ist im Einzelnen sehr unterschiedlich geregelt, mit was die Tiere gefüttert werden. Natürlich ist es unbestreitbar, dass ausschließlich angebautes und verfüttertes Bio-Futter im Gesamten positiver zu bewerten ist, als mit Beimischungen aus konventionellem Anbau. Im absoluten Vergleich hingegen wirkt sich auch das angebaute Monokultur-Bio-Futter immer noch verheerend genug auf die Umwelt, die Menschen, Tiere und Pflanzen aus.

Um eine bessere Einschätzung bei diesem Thema zu bekommen, möchte ich hinzufügen, dass laut den mir vorliegenden Zahlen (lasse mich da gerne korrigieren) schätzungsweise 50 % der Weltgetreideernte in Tiermägen landet, sowie stolze 70- 75 % der Hülsenfrüchte und Ölsaaten.

So“, werden einige Leser nun denken, „es springt einem doch fast ins Auge, dass der Fleischverzehr ein nicht zu verantwortender Wahnsinn ist“. Für was ich jetzt aber doch weiterschreibe? Ihr werdet sehen.

Einmal ist es z.B. so, dass Futter für Tiere nicht zwangsweise von irgendwelchen Äckern stammen muss. So lässt sich in den Demeter-Richtlinien nachlesen, dass die Tiere im Sommer ihren Hunger eher mit viel Grünfutter, am Besten über angestrebten Weidegang decken sollen, im Winter möglichst mit einem hohen Anteil Heu. Natürlich gibt es auch in der Praxis bei Demeter und stark abhängig vom jeweiligen Hof, mal mehr oder weniger viele Kritikpunkte (was nicht nur die Art und die Gewinnung des Futters betrifft). Um aber beim Thema zu bleiben: Im Idealfall muss und soll das Vieh gar keine Nahrung fressen, welche Ackerflächen benötigt, die wiederum anderen, hungernden Menschen zu Gute kommen könnte. Wobei ich an dieser Stelle auch kurz den Mythos entkräften möchte, dass es auf dieser Erde einen Nahrungsmittelmangel gibt. Denn tatsächlich können mit der derzeit weltweit angebauten Nahrung locker 12 Milliarden Menschen ernährt werden. Warum trotzdem Menschen den Hungertod sterben müssen, hängt vielmehr mit der Verteilung der Ressourcen zusammen und nicht mit der tatsächlich vorhandenen Menge (Quelle: Jean Ziegler, ehemaliger UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung. „Ein Kind das heute an Hunger stirbt, wird ermordet.“ - We Feed the World, 2005)

Aber zurück zum Thema. Denn Tiere haben den Konsum von Getreide und anderen angebauten Produkten überhaupt nicht nötig, wenn man sie auf natürliche Art weiden lässt. Ja mehr noch, sie sind auch um ein vielfaches gesünder, als ihre künstlich gefütterten Artgenossen. „Schön und gut“, werden sich einige Leser denken, „aber Weidetiere auf Flächen einzusetzen, die wir auch für den Anbau von Gemüse und Co gebrauchen könnten, kann doch nicht die Lösung sein“. Stimmt, das kann sicherlich keine Lösung sein. Dieses Argument missachtet jedoch auch einen äußerst wichtigen Punkt: Tatsächlich sind nämlich circa 2/3 aller trockenen Landflächen gänzlich ungeeignet für den Anbau. Grasenden Tieren bieten diese für uns großteils nicht nutzbaren Landflächen hingegen genug – für uns unverdauliches - Zellulose-Futter, welches sie wiederum in für den Menschen nutzbares Fleisch und Fett umwandeln können. Fleisch von Weidetieren enthält übrigens weitaus höhere Konzentrationen an Omega-3-Fettsäuren und anderen Nährstoffen, als Fleisch von Tieren, welche Getreide oder Kraftfutter bekommen (wie im Artikel „Veganismus unter der Lupe“ schon näher beschrieben). Aber das ist nicht alles, was es zur Weidetierhaltung zu sagen gibt.

Die Beweidung von Niedermooren, Flussauen und Bergwiesen mit Rindern, Schafen oder Ziegen bringt sogar zahlreiche Vorteile für Natur und Landschaft mit sich. Artenreiche Heiden, Magerrasen oder Hutewälder sind über die Jahrhunderte sogar erst durch Nutzung von Weidetieren entstanden und können oft auch nur mit diesen weiterbestehen. In der Landschaftspflege gilt die Beweidung richtig und sorgsam eingesetzt, sogar als eine der wichtigsten Pflegeformen überhaupt, um die Erhaltung der Artenvielfalt und Kulturlandschaft zu verbinden. Da die Weidetiere allmählich und nicht alle Pflanzen gleich bevorzugt fressen, verbleiben beispielsweise inselartige Strukturen, die u.a. als Rückzugsmöglichkeiten und Nahrungsquelle für Tiere dienen oder sich günstig auf die Entwicklung von Gehölzen auswirken. Auch durch Sandbadestellen der Weidetiere, Weidewechsel und andere Trittbelastungen sowie Kotplätze entstehen wiederum neue kleinräumige Strukturen und über das Fell, die Hufe oder Klauen helfen diese Tiere verschiedenen Pflanzen und Kleinstlebewesen sich effektiver und großräumiger auszubreiten. Vom Dung leben übrigens nicht nur die allseitsbekannten Mistkäfer, sondern auch hunderte von spezialisierten Pilzen und Käfern: Allein über zweihundert Käferarten gehören zu den vom Dung lebenden Tieren, darunter eine sehr große Zahl von Insekten, die Jägern auf der Roten Liste wie dem Steinkauz, dem Wiedehopf und Raubwürger als Nahrung dienen.
So kann man beispielsweise das Wiederauftreten des Wiedehopfs, eine extrem seltene und vom Aussterben bedrohte Vogelart, im Bereich der Beweidungsflächen in Kayna-Süd wohl mit dem dort verbesserten Nahrungsangebot in Zusammenhang bringen. Abgesehen davon, spielt die ständige Verfügbarkeit des Dungs auch für die ganzjährige Besiedlung der Flächen mit Insekten und weiteren über die verschiedenen Nahrungsketten abhängigen wirbellosen Tieren und Wirbeltieren, z.B. Schlupfwespen, Fledermäusen, Fröschen oder Vogelarten, eine wesentliche Rolle. Und Beweidung ist sogar noch vielseitiger, als es auf den ersten Blick erscheint: In Überschwemmungsgebieten der Flussauen werden durch extensive Grünlandnutzung Grund- und Oberflächenwasser geschont, auch kann, wie bereits seit längerer Zeit initiierte Naturschutzprojekte mit Weidetieren in geringer Besatzstärke beweisen, der Artenreichtum auf vielen abgearbeiteten Flächen wieder zurückgewonnen werden. Schaf oder Kuh erweisen uns sogar an steilen Berghängen oder unebenen Feuchtwiesen wertvolle Dienste, wo ein Schlepper, Balkenmäher oder die Motorsense nur umständlich oder mindestens doppelt so teuer arbeiten könnte.
Leider, und das muss auch erwähnt werden, ist die schlechte Nachricht, dass allein bei den Schäfern, Sinnbild für die extensive Nutzung von Landschaften, die Zahl der Betriebe innerhalb der letzten zehn Jahre von 32.000 auf 28.000 deutlich zurückgegangen ist. Die schlechte Rentabilität ist dabei der Hauptgrund, warum viele Betriebe diese Art der Bewirtschaftung aufgeben. Es ist eigentlich der blanke Hohn, wenn man bedenkt, dass andere massiv zerstörerische Formen der Bewirtschaftung großzügig subventioniert werden, während dieser Zweig so vor sich hin stolpern darf. Der Witz dabei ist, dass für Wacholderheiden und Sandmagerrasen sogar eine dringende Erhaltungspflicht besteht, der Pflegenotstand diese Flächen aber nun zu gefährden droht. Auch eine Vielzahl an weiteren Grünflächen sollen doch laut Plan ökologisch aufgewertet werden, wie das jedoch ohne ausreichende Weidetierbestände zu schaffen sein soll, weiß keiner so genau.
Halten wir also an dieser Stelle mal fest, dass Fleisch essen nicht per se mit einem größeren Ausmaß an Leid einhergehen muss. Um genau zu sein, kann man sogar das totale Gegenteil feststellen: Sinnvoll eingesetzt bringen Weidetiere einen größeren Artenreichtum in die Tier- und Pflanzenwelt, erhalten wichtige Biotope und anderes mehr – sie können also eine sehr lebensspendende bzw. schöpferische Funktion erfüllen.
IMMER NOCH schön und gut“, werden sich vielleicht ein paar weitere Leser denken, „aber das gibt uns doch noch lange nicht das Recht, diese Tiere zu töten“. Ja, diesem Einwand möchte ich natürlich nachgehen. Was machen wir also mit den Weidetieren, wenn wir sie nicht als Nahrung gebrauchen? Denn es werden zumindest irgendwelche Maßnahmen erforderlich, um die Weidetierbestände auf einem für die Natur gesunden bzw. das Artenreichtum fördernden Level halten zu können. Die einzig für mich ersichtliche andere Alternative wäre, wieder verstärkt natürliche Fressfeinde wie den Wolf oder den Bären einzuführen, damit die Tierbestände ausreichend dezimiert werden. Jetzt sind wir also wieder am selben Punkt angelangt: Die Tiere werden getötet, zwar nicht von uns, aber das kommt doch aufs Selbe hinaus. Halt nicht ganz! Denn wenn ich ganz ehrlich bin, ist es mir sogar lieber, wenn die Weidetierbestände gezielt vom Menschen dezimiert werden. Das geht bei einem respektvollem Umgang mit Tieren in den allermeisten Fällen schneller, angst- und schmerzfreier vonstatten, als wenn sich große Raubtiere auf diese Pflanzenfresser stürzen.
Manche denken jetzt vielleicht, dass wir doch ganz einfach ein unkontrolliertes sich-Ausbreiten der Weidetierbestände verhindern können, indem wir die männlichen Tiere von den weiblichen trennen. So könnten die Bestände von uns auf einem für die Natur optimalen Maß gehalten werden, ohne das unnötig viele Tiere sterben müssten. Wäre doch zumindest eine Idee oder nicht? Es stellt sich natürlich die Frage wohin mit den zahlreichen Schafs-, Ziegenböcken, Bullen und Co? Sollen wir sie jeweils allein vor sich hinvegetieren lassen oder lieber in Gruppen zusammensperren? Beides sind wohl eher denkbar schlechte Alternativen. Vor dem selben Problem werden übrigens auch Hühnerhalter stehen, die ihre Tiere nicht töten wollen, sondern nur deren Eier konsumieren möchten. Denn wenn es zwischendurch Nachwuchs gibt, sind immer auch männliche Küken dabei, von denen man nur eine begrenzte Anzahl mit einer ausreichenden Menge an Hühnern zusammen halten könnte. Was also mit überschüssigen Hähnen machen? Selbst töten oder vielleicht immer wieder verschenken? Wobei die letzte Variante natürlich irgendwann ausgereizt sein wird, da der Bedarf an Hähnen sehr begrenzt ist und es abgesehen davon auch keine Garantie gibt, dass sie in ihrem neuen Zuhause nicht doch noch geschlachtet werden. Was also tun, wenn man sie nicht gerade selbst töten möchte? „Naja klar,“ werden die Veganer denken - „am besten keine Hühner züchten, auch keine von woanders her kaufen (das Problem mit den toten Hähnen ist ja dann nur verschoben) und auch keine fremden Eier mehr konsumieren.“ Ah, ist das also des Rätsels Lösung? Sollten wir also am Besten auch gar keine Weidetiere mehr halten und die dringend zu erhaltenen Biotope, von denen ich oben geredet habe, einfach verfallen lassen und das Artensterben in der Tier- und Pflanzenwelt damit noch weiter vorantreiben? Hm, da ist auch wieder ziemlich viel Tod im Spiel. Wie man es dreht und wendet, man entkommt dem Thema nicht, außer natürlich man kneift die Augen zusammen und beschließt von all dem nichts mehr hören zu wollen.
Und wenn wir schon davon reden, wie lösen wir eigentlich das Jäger-Problem? In meiner Zeit als Vegetarier und angehender Veganer bin ich auch gerne in den Wald hinausgestapft und habe einen mords Krach veranstaltet, wenn die Jäger ihr Wild schießen wollten. Warum ich das gemacht habe ist klar, ich war der festen Überzeugung, damit das einzig Richtige zu tun. In Wahrheit aber war ich blind vor Idealismus und hatte keine Ahnung von der Natur. Ich stellte mir gar nicht erst die Frage, wie eine künstliche Dezimierung von Wildtieren umgangen werden könnte bzw. ob das überhaupt möglich wäre. Nein, soweit habe ich nicht ansatzweise gedacht.
In Wahrheit gibt es, wenn sich die Jäger nicht um das Problem kümmern dürfen, nur eine andere Möglichkeit: Wir müssten die über die Jahrhunderte verdrängten Raubtierrrassen wieder gezielt hier ansiedeln. Es stellt sich halt nur die Frage, ob ein für die Natur notwendiges Maß an größeren Raubtieren, um für ein ökologisches Gleichgewicht zu sorgen, sich auch in allerletzter Konsequenz mit der doch sehr dichten menschlichen Besiedlung in unseren Breitengraden verträgt? Und es stellt sich auch die Frage, wie viele Menschen bereit wären unter solchen Bedingungen zu leben. Außerdem verschiebt sich das Problem des Tötens natürlich wieder nur einmal: Tun es nicht die Jäger, tun es die Raubtiere. Auf beides zu verzichten würde den absoluten Supergau bedeuten: Die größeren Wildtiere würden sich dank des Nahrungsüberflusses so lange so unaufhaltsam vermehren, bis das letzte bisschen Grün abgefressen ist und auch sie zugrunde gehen würden. Natürlich würde es durch die menschliche Zivilisation niemals soweit kommen, denn wir hätten schon vorher die Reißleine ziehen müssen, um nicht selbst – wegen massenweise gefährdeter Ernten – zu verhungern. Dazu passt auch folgendes Zitat, welches mich persönlich sehr bewegt hat:


     "Aber es gab einen Beitrag, der einen Wendepunkt markiert. Ein Veganer platzte mit seiner Idee heraus, dass man Tiere davor bewahren müsse, getötet zu werden - nicht etwa nur durch Menschen, sondern durch andere Tiere. Man sollte einen Zaun um die halbe Serengeti ziehen und die Jäger von den Gejagten trennen. Töten sei grundfalsch und kein Tier sollte jemals sterben müssen, so dass man die Raubkatzen und Wildhunde auf der einen Seite und die Gnus und Zebras auf der anderen Seite leben lassen würde. Er wusste, dass das für die Fleischfresser OK sein würde, da sie ja keine Fleischfresser sein müssen. Das sei eine Lüge der Fleischwarenindustrie. Er selbst habe seinen Hund Gras fressen sehen, woraus zu schließen sei, dass ein Hund von Gras leben könne.

     Es gab keinerlei Einspruch. Im Gegenteil: Andere stimmten mit ein. Meine Katze frisst auch Gras, fügte eine Frau mit großer Begeisterung hinzu. Meine auch, postete ein anderer. Alle stimmten darin überein, dass Zaunziehen DIE Lösung für das Tiersterben sei.

     Man bemerke, dass der Gegenstand dieses Befreiungsaktes Afrika war. Niemand sprach von der nordamerikanischen Prärie, wo Fleischfresser und Wiederkäuer gleichmaßen zum Wohl des jährlich Getreideanbaus, den Vegetarier so sehr schätzen, ausgerottet wurden. Aber darauf komme ich noch in Kapitel 3 zu sprechen.

     Ich wusste genug, um einzusehen, dass das völlig irrsinnig war. Aber niemand sonst hatte in diesem Forum ein Problem mit dem Plan. Ausgehend von der Annahme, dass die meisten Leser nicht über das nötige Wissen verfügen, dieses Vorhaben richtig zu beurteilen, werde ich das einmal Schritt für Schritt mit Ihnen durchgehen.

     Fleischfresser können nicht von Zellulose leben. Sie mögen gelegentlich Gras fressen, doch tun sie das zu medizinischen Zwecken, für gewöhnlich als Abführmittel, um ihren Verdauungtrakt von Parasiten zu reinigen. Wiederkäuer sind dagegen evolutionsbedingt zum Verzehr von Gras geeignet. Sie verfügen über einen Pansen (zum Wiederkäuen), der erste in einer Reihe von verschiedenen Mägen, die als Gärungsfässer fungieren. Was tatsächlich im Innern einer Kuh oder Zebras vor sich geht ist nämlich folgendes: Bakterien verzehren das Gras, während die Tiere die Bakterien fressen.

     Löwen und Hyänen und auch Menschen verfügen nicht über ein wiederkäuendes Verdauungssystem.
Von den Zähnen bis zum Mastdarm sind wir durch und durch zum Verzehr von Fleisch vorgesehen. Wir verfügen über keinen Mechanismus, der Zellulose verdauen kann.

     Auf Seite der Fleischfresser wird also jedes Tier den Hungertod erleiden. Einige werden länger überleben als andere und diese werden als Kannibalen enden. Die Aasfresser werden eine fette Party feiern. Wenn aber der letzte Knochen saubergepickt ist, werden auch sie verhungern. Das Sterben hört hier jedoch noch nicht auf. Ohne die Grasfresser wird sich das Land allmählich in Wüste verwandeln.

     Warum das so ist? Weil ohne die Grasfresser, die das Spielfeld buchstäblich ausgleichen, die ganzjährigen Pflanzen heranreifen und der basale Wachstumspunkt an der Basis der Pflanze überschattet wird. In einer trockenen und spröden Umwelt wie der Seringeti findet der Verfall hauptsächlich durch physische (wetterbedingte) und chemische (oxidative) Verwitterung statt und nicht durch bakterielle und biologische Verwitterung wie in einer feuchten Umgebung. Tatsächlich übernehmen die Grasfresser die meisten der biologischen Funktionen des Bodens, indem sie die Zellulose verdauen und die Nährstoffe zurückführen, die in Form von Urin und Exkrementen wieder verfügbar werden.

     Ohne Pflanzenfresser wird sich das Pflanzenmaterial jedoch anhäufen, das Wachstum vermindern und allmählich zum Absterben der Pflanzen führen. Der nackte Boden wird daraufhin Wind, Sonneneinstrahlung und Regen ausgesetzt sein, so dass Mineralien verloren gehen und das Bodengefüge zerstört wird.
In der Absicht die Tierwelt zu retten, haben wir alles vernichtet.

     Wenn wir auf die Zaunseite der Pflanzenfresser schauen, sehen wir, wie sich Gnus und ihre Artverwandten so zahlreich vermehren, wie niemals zuvor. Doch ohne das Gegengewicht der Jäger wird es sehr bald mehr Grasfresser als Grasflächen geben. Die Zahl der Tiere wird die Zahl der verfügbaren Nahrungsquellen übertreffen. Sie werden die Pflanzen bis aufs Letzte abgrasen, so dass sie schlussendlich verhungern und eine verwüstete Landschaft hinterlassen.

     Die Moral dieser Geschichte ist offensichtlich, auch wenn sie profund genug ist, eine ganze Religion zu inspirieren: Wir müssen in dem Maße gefressen werden, wie wir selbst fressen müssen. So wie die Grasfresser ihre tägliche Zellulose benötigen, ist auch das Gras auf die Tiere angewiesen. Es benötigt den stickstoff- und mineralreichen Dünger mit seinen Bakterien, und auch die mechanische Ausgleichswirkung des Grasens und nicht zuletzt die Ressourcen, die in den Tierkadavern gespeichert sind, die beim Absterben durch Abbauer frei werden.

     Gras und Grasfresser brauchen einander im selben Maße wie Jäger ihrer Beute bedürfen. Das sind keine einseitigen Vereinbarungen, keine Frage von Dominanz und Unterlegenheit. Es ist nicht so, dass wir uns gegenseitig ausbeuten, indem wir uns ernähren. Wir wechseln uns lediglich ab.

     Das war mein letzter Besuch auf den veganen Seiten. Mir ist schlussendlich klar geworden, dass Menschen, die der Natur des Lebens mit einer derart tiefgreifenden Ignoranz entgegenstehen, die nichts von dem Leben mit seinen Mineral- und Kohlenstoffzyklen wissen, nichts von den Ausgleichspunkten eines uralten Kreislaufs von Produzenten, Konsumenten und Abbauern, mir unmöglich ein Vorbild sein konnten, geschweige denn irgendwelche sinnvollen Entscheidungen über eine nachhaltige Gesellschaft treffen konnten.
Indem sie sich vom reifen Verständnis abgewandt haben, dass der Tod ein integraler Bestandteil im Selbsterhalt, in der Ernährung eines jeden Lebewesens ist, vom Bakterium bis zum Grizzlybären, würden sie niemals den emotionalen und spirituellen Hunger stillen können, der mit dem Eingeständnis dieser Wahrheit in mir schmerzt. Vielleicht ist dieses Buch ein Versuch, diesen Schmerz selbst zu stillen."
 
Abschließen möchte ich meinen Artikel gerne mit einem weiteren Zitat von Lierre Keith: 

     "In Wahrheit ist die Landwirtschaft das verheerendste Übel, das die Menschheit dem Planeten je zugefügt hat, und mehr davon wird uns ganz sicher nicht helfen. Die Wahrheit ist, dass die Landwirtschaft die Zerstörung ganzer Ökosysteme voraussetzt. Es ist ebenfalls wahr, dass das Leben ohne den Tod nicht möglich ist, dass egal was du isst, jemand oder etwas dafür sterben muss, um dich zu ernähren." (aus dem Buch "The Vegetarian Myth")
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* Einige Leser werden vielleicht im ersten Moment angenommen haben, dass der Autor dieses Artikels ein typischer Fleischesser sein muss, der sich unbedingt seinen Lebensstil schön reden will. Dabei könnte nichts weiter von der Wahrheit entfernt sein: Ich habe, hauptsächlich aus ethischen Gründen, über neun Jahre lang komplett auf Fleisch und Fisch verzichtet und war vorallem die letzten Jahre davon sehr vom Veganismus überzeugt. So kam ich also schon soweit, fast gänzlich auf tierische Lebensmittel zu verzichten, außerdem habe ich (und das tue ich immer noch) sehr auf tierfreundliche Kosmetika und andere Produkte geachtet, besuchte aus Überzeugung keinen einzigen Zirkus uam. Warum ich aber wieder zum Fleischkonsum gekommen bin, ist vielschichtig und nicht in einigen knapp gehaltenen Sätzen erklärbar. Einige meiner geistigen Wandlungsprozesse könnt ihr aber durchaus aus meinen beiden Artikeln zum Veganismus herauslesen. Die absolute Notwendigkeit für mich, wieder tierische Produkte zu essen, bestand aber am Ende erst dann, als ich mir über die gesundheitlichen Aspekte dieser Ernährungsform klar geworden bin. Diesem Thema konnte ich mich aber erst wirklich öffnen bzw. unvoreingenommen daran herantreten, nach all meinen anderen Erkenntnissen, wie ich sie auch in diesem Beitrag hier schon zu schildern versucht habe.



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