Schwächster Sonnenzyklus seit 100 Jahren - Forscher befürchten eine neue Kleine Eiszeit

Montag, den 04. November 2013, geschrieben von Michael Odenwald auf focus.de

Der aktuelle Sonnenzyklus gibt Forschern Rätsel auf. Er war der schwächste der vergangenen hundert Jahre und zeigt weitere ungewöhnliche Veränderungen. Sollte sich der Trend fortsetzen, könnte eine neue Kleine Eiszeit bevorstehen. 
 
Auf unserer Sonne geht etwas Merkwürdiges vor. Erst verschlief sie den Beginn ihres elfjährigen Zyklus, der 2008 beginnen sollte, um über zwölf Monate. Im ganzen Jahr 2009 verharrte ihre Aktivität dann auf einem extrem niedrigen Niveau. Später nahm der neue Zyklus – es ist der 24. Zyklus seit Beginn der systematischen Sonnenbeobachtung Mitte des 18. Jahrhunderts – zwar Fahrt auf, doch er erwies sich als außergewöhnlich schwach. „Er ist nicht nur der schwächste Zyklus im Weltraumzeitalter, sondern auch der schwächste in den vergangenen 100 Jahren“, erklärt der Sonnenforscher David Hathaway vom Marshall Space Flight Center der US-Raumfahrtbehörde Nasa.

Zugleich beobachteten Hathaway und seine Kollegen eine befremdliche Asymmetrie auf unserem Tagesgestirn: Dessen Aktivität erreichte laut dem Space Weather Prediction Center der US-Meeres- und Wetterbehörde NOAA ihr Maximum nicht 2013, wie zu erwarten gewesen wäre, sondern bereits Ende 2012. Danach nahm die Zahl der Sonnenflecken ab – aber nur, um im Frühjahr dieses Jahres erneut anzusteigen. Offenbar bildet sich in der Aktivitätskurve des Zyklus 24 eine Doppelspitze. Sonnenflecken sind dunkle Punkte auf der Sonne, verursacht von Magnetfeldern. Ihre Zahl gilt als Maß für den Aktivitätszustand unseres Muttersterns.

Rätsel um die Ursache der schwachen Aktivität

Das erste Maximum betraf jedoch nur die nördliche Hemisphäre der Sonne. Auf der solaren Südhemisphäre hinkte die Aktivität hinterher; sie dürfte ihr Maximum in den kommenden Monaten erreichen. Jetzt rätseln die Experten über die Ursachen der Aktivitätsflaute. Bei einem Kongress der American Astronomical Society (AAS), der unlängst in Bozeman (US-Staat Montana) stattfand, trugen sie einige Theorien dazu vor.

Die solaren Zyklen hängen zweifellos mit dem sogenannten Sonnendynamo zusammen. Diese Kraftmaschine besteht aus einer rund 61 000 Kilometer dicken Gasschicht, die in 216 000 Kilometer Tiefe im Sonneninnern rotiert. Dabei ändert sie fortlaufend ihre Umdrehungsrate, was zu Turbulenzen und chaotischen Strömungen führt. Diese Prozesse erzeugen das solare Magnetfeld, das seinerseits alle auf der Sonne beobachteten Phänomene hervorruft – von den Sonnenflecken, deren Materie sich auf 3000 Grad Kelvin abkühlt (deshalb erscheinen sie gegenüber der knapp 5800 Kelvin heißen Sonnenoberfläche dunkel), bis zu den Protuberanzen, die oft monatelang mehr als 100 000 Kilometer über der Sonne stehen. Hinzu kommt die differentielle Rotation unseres Zentralgestirns: Es dreht sich am Äquator schneller als an den Polen.
 

Freigesetzte Energie löst heftige Eruptionen aus

Diese Faktoren bewirken, dass sich die Magnetfeldlinien wie Gummibänder um unseren Heimatstern schlingen. Wird ihre Spannung zu groß, reißen sie und verbinden sich in spannungsärmeren Konfigurationen neu. Die bei der Umlagerung freigesetzte Energie löst Eruptionen aus, bei denen große Mengen an Materie ins All geschleudert werden. Bedeutsam ist zudem, dass sich die Polarität des solaren Magnetfelds bei jedem Maximum eines Zyklus umkehrt – der Nord- wandelt sich zum Südpol und umgekehrt. Der Grund dafür ist eine periodische Umorganisation des Sonnendynamos. „Der Nordpol der Sonne hat sein Vorzeichen bereits geändert, der Südpol holt gerade auf“, konstatiert der Sonnenphysiker Phil Scherrer vom Wilcox Solar Observatory der Stanford University. „Bald werden beide Pole die Umkehr vollzogen haben, dann beginnt die zweite Hälfte des Zyklus.“
 
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