Mittwoch, den 30. Oktober 2013, geschrieben von Michael auf freiwilligfrei.info
Wie man die endlose Unmoral hierarchischer Gewalt in bloß eine weitere gigantische Steinkuh verwandelt.
Der Staat ist institutionalisierte Gewalt.
Der Glaube an die Notwendigkeit und den moralischen Wert des Staates ist eine Religion.
Religion wird Kindern durch Erziehung eingetrichtert.
Eine friedliche Gesellschaft ohne Staat erreichen wir durch friedliche Kindererziehung.
Als ich klein war, bekamen wir jeden Monat das National Geographic
Heft, und wie die meisten Jungen, blätterte ich es unverzüglich durch
auf der Suche nach – Amanzonenbrüsten. Dadurch lernte ich, welch
wesentlicher technischer Fortschritt ein Wonderbra tatsächlich ist.
Neben diesen baumelnden Brüsten gab es seltsame Steinstatuen zu sehen,
die ein bisschen wie Comicfiguren aussahen. Diese Statuen wurden
manchmal von den Pygmäen angebetet, angerufen oder angesungen, was mich
lächeln ließ. Für sie war eine Statue ein mächtiger und ewiger Gott. Für
mich, tja, war es bloß eine riesige Steinkuh.
Es gibt über 10.000 Götter auf der Welt, die fast Jedem ziemlich
lächerlich vorkommen. Wenn man nicht mit ihnen aufgewachsen ist, haben
sie keine emotionale Resonanz, keine mythologische Kraft. Sie sehen
einfach aus wie wildgewordene Müsli-karton-Comicfiguren.
Ungefähr 50 Mal am Tag werde ich gefragt, wie wir die hierarchische
Gewalt beenden können, die unsere Welt, unsere Wirtschaft und uns selbst
langsam zerstört, und wie wir anfangen, friedliche und freiwillige
Beziehungen aufzubauen, um damit komplexe soziale Probleme zu lösen.
Die Antwort ist sehr einfach: Vor jedem moralischen
Entwicklungsschritt herrschte Unverständnis genauso wie danach.
Sklaverei, die Unterdrückung von Frauen und Kindern, das Verbot von
Eigentum, alles erschien völlig normal, bis es abgeschafft wurde. Und im
Nachhinein ist es schwer zu glauben, dass solche Übel überhaupt jemals
herrschten. Dasselbe gilt für eine Gesellschaft ohne Staat. Es kommt einem nur
unmöglich vor, weil eine wirklich freie und friedliche Gesellschaft erst
noch erreicht werden muss. Aber wenn wir sie einmal erreichen – und es
wird so kommen – wird man auf Regierungen als lächerliche, blutige und
böse Überbleibsel der primitiven und trunkenen Jugend unseres
Menschengeschlechts zurückblicken.
Deine Regierung kann nicht dein Eigentum schützen, indem sie dir die
Hälfte davon zunächst abnimmt. Sie kann nicht dein Leben schützen, indem
sie dich mit endlosen gewalttätigen Erlassen bedroht. Sie kann nicht
dein Geld schützen, indem sie dich dazu zwingt, ihre Währung zu
benutzen, die sie nach Belieben nachdruckt. Sie kann nicht deine Kinder
schützen, indem sie sie jahrelang in geistigen Gefängnissen aus dem 18.
Jahrhundert einschließt, während sie ihre Zukunft dem Höchstbietenden
verkauft.
Fremde Götter sehen immer albern aus. Und der Glaube an den Staat ist
einfach eine weitere Religion. Der Glaube an den Staat hat seine
Kirchen, seine Symbole, seine Götter, seine Belohnungen und
Bestrafungen, und beruht auf der Kontrolle und dem Missbrauch von
Kindern. Die Parallelen sind offensichtlich und endlos.
Wie also beenden wir den Glauben an den Staat? Nun, genauso, wie wir
Religion beenden. Indem wir ihn als bloß eine weitere Steinkuh
entlarven. Wenn du nicht während deines Aufwachsens vor dem grimmigen
Schatten eines fremden Gottes niederknien musstest, sieht er lächerlich
aus und hat daher keine Macht über dich. Wenn du während deines
Aufwachsens nicht Esperanto gelernt hast, klingt es wie Kauderwelsch.
Um die Welt zu retten, um die Welt zu befreien, um Krieg abzuschaffen
und Gefängnisse und Missbrauch und Folter und Indoktrinierung und
Versklavung, und die Steuern und Schulden, die alle diese Übel
ermöglichen, müssen wir aufhören, unseren Kindern die Sprache des
Staates beizubringen.
Wenn wir unsere Kinder ohne Aggression erziehen, ohne unsere Stimme
zu erheben, ohne unsere Hand zu erheben, ohne Drohungen, ohne Kontrolle,
ohne Bestrafung und Manipulation, mit Sanftheit und Festigkeit, mit
Liebe, werden sie niemals Angst vor Autoritäten haben. Sie werden sich
niemals einer brutalen Hierarchie unterwerfen, und sie werden niemals
die moralische Autorität derer anerkennen, die sich selbst “der Staat”
nennen. Unsere Kinder werden klar die schlimme Dummheit institutioneller
Gewalt sehen, da sie für sie schockierend und völlig unerwartet sein
wird. Statt – wie es so oft heute der Fall ist – sie als eine
unvermeidliche Erweiterung ihrer Erziehung zu erleben.
Gewalt ist eine Sprache, die wir verlernen müssen. Der einzige Weg zu
einer friedlichen Zukunft ist, unseren Kindern diese Sprache gar nicht
erst beizubringen. Dann, und nur dann: All das häßliche Bedrohen,
Gewalt, Kontrolle, Herumkommandieren, Entführen, Einsperren, Fälschen,
Verschulden, Versklaven, Anbeten, Angst, Gehorsam, wird nicht mehr mit
der Kraft des Mythos und der kleinlichen Religion des Nationalismus
aufgeladen sein. Der Staat wird entlarvt werden als bloß ein dummer
Aberglaube, ein Comicbuchgott, ein primitives Überbleibsel. Nichts, das
angebetet oder dem gehorcht oder das verehrt oder gefürchtet werden
muss. Bloß ein altes und gefährliches Spielzeug, das wir nicht mehr
brauchen. Wenn dieses große Erwachen kommt, wenn Mythen und Wahn
zerfallen, wird der Staat bloß zu einer weiteren Steinkuh, die wir alle
hinter uns lassen können, im Dschungel der Vergangenheit, aus der sie
kam und wo sie verdammt nochmal hingehört.
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