Sonntag, den 02. März 2014, Quelle: spiegel.de
Mehr Totgeburten, HIV-Neuinfektionen, Tuberkulose- und
Depressionsfälle sowie Suizide: Der drastische Sparkurs in Griechenland
hat einer Studie zufolge verheerende Auswirkungen. Eine
Hilfsorganisation spricht von einer vollständigen Verletzung der
Menschenwürde.
Hamburg/London - Schon die Überschrift kommt einer Ohrfeige für die
politisch Verantwortlichen gleich. "Griechenlands Gesundheitskrise: Von
der Sparpolitik zur Realitätsverweigerung" haben die Forscher der
britischen Universitäten Cambridge, Oxford und London ihre Studie
betitelt, die im Medizinjournal
The Lancet veröffentlicht wurde.
In der Tat ergibt die Auswertung offizieller
Umfragen und Statistiken sowohl der griechischen Regierung als auch der
EU-Kommission ein erschreckendes Bild: Demnach hat die drastische
Sparpolitik während der seit sechs Jahren andauernden Krise in
Griechenland verheerende Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung.
Folgen, die von der Regierung in Athen und internationalen
Krisenmanagern wider besseren Wissens bestritten werden, wie die
Forscher feststellen (
hier die Studie im PDF-Format).
Die griechische Regierung musste ihre Ausgaben "schnell und drastisch"
kürzen, heißt es in der Studie. Bei der Gesundheit lag die Vorgabe der
internationalen Kreditgeber bei sechs Prozent der gesamten
Wirtschaftsleistung des Landes. Zum Vergleich: In Deutschland machen die
Gesundheitsausgaben etwa elf Prozent der Wirtschaftsleistung aus - sie
müssten um mehr als die Hälfte zusammengestrichen werden, wenn genau so
drastisch gespart würde. Konkret würden die Ausgaben in der
Bundesrepublik dann um mehr als 160 Milliarden Euro im Jahr gekürzt.
In Griechenland traf dieser rigide Sparkurs vor allem Vorsorgeprogramme
hart: So wurde die Ausgabe von Spritzen und Kondomen an Drogenabhängige
gekürzt. Die Folge: Die Zahl der HIV-Neuinfektionen unter denen, die
Drogen spritzen, stieg von 15 im Jahr 2009 auf 484 drei Jahre später.
Den Krankenhäusern wurde das Budget um ein Viertel reduziert, die
Ausgaben für Medikamente wurden auf die Hälfte zusammengestrichen.