Montag, den 05. August 2013, geschrieben von Ferdinand A. Hoischen
Während die Welt beobachtet, wie das ägyptische Militär mal eben mit
Gewalt den erst im letzten Jahr mit 51,7 Prozent Mehrheit demokratisch
gewählten Präsidenten absetzt und unter Arrest stellt, dämmert es selbst
einigen unbeirrbaren Demokratiegläubigen, dass das Konzept der
„Demokratie“ keinen Deut mehr an Herrschaftslegitimität in sich trägt
als die Berufung auf den „göttlichen Willen“. Die Vorstellung, eine
Regierung könne spontan durch den übereinstimmenden Willen einer
Mehrheit von Individuen in einem Land entstehen und zu einer kollektiven
Struktur gerechter Herrschaft werden, beruht mehr auf dem Glauben an
Magie denn auf historischem Beweis. Politische Systeme sind in
Wirklichkeit ausnahmslos gegründet auf die Ambitionen sich elitär
dünkender Männer und Frauen, die ihre Belange im Vergleich zu denjenigen
gewöhnlicher Menschen, die sie abschätzig als „Masse“ oder „Lieschen
Müller“ abtun, für höherwertig halten.
Um ein dauerhaftes System zu schaffen, mit dem man „Niedere“ in den
Gehorsam gegenüber vermeintlich elitären Forderungen zwingen kann,
bedarf es der Billigung der Opfer. Ihnen muss der Glaube eingeimpft
werden, ihre Pflicht, den Befehlen ihrer „Oberen“ zu folgen, entspringe
einem transzendentalen Prinzip. Sie müssen überzeugt sein, dass das
Gewaltsystem, dem sie unterworfen sind, sich aus Prinzipien
rechtfertigt, die mit denen eines gewöhnlichen Straßenräubers nichts
gemein haben. Dass keine einzige der dazu entwickelten Staatstheorien
eine gewaltsame Beherrschung der Bevölkerung rechtfertigen kann, ist
ohne Bedeutung, solange nur die Beherrschten glauben, sie würden dies
tun.
Dieser naive Glaube an die ethische Notwendigkeit des
Beherrschtwerdens wurde ermöglicht durch viele Jahrzehnte der
Konditionierung in staatlichen Schulen, durch die Medien, durch Gerichte
und andere staatlich institutionalisierte Interessengruppen. Ohne
eigenes Denken wird nachgeplappert, dass „wir“ die Regierung sind, dass
Politiker und Bürokraten „unsere“ Vertreter sind und wir die
Auftraggeber. Dabei ist es doch so leicht herauszufinden, dass diese
Auffassung an Wahnsinn grenzt: Möge bitte eine dieser nachplappernden
Marionetten mal beim Verteidigungsministerium anrufen und die Anweisung
erteilen, die Bundeswehr solle sich aus Afghanistan zurückziehen. Er
wird sehr schnell die bewusstseinserweiternde Erfahrung machen, dass er
nicht zu denjenigen gehört, die im Staat irgendetwas zu sagen haben.
Die relativ kleine Gruppe selbsternannter Elitärer, die das Bedürfnis
hat, über den Rest der Menschheit mittels Zwang zu herrschen, hat das
Konzept der Demokratie genutzt, um die „dunkle Seite“ der Beherrschten
zu aktivieren, nämlich die freiwillige Aufgabe des Bewusstseins
individueller Bestimmung, des überragenden Wertes der eigenen Person und
eigenständiger unteilbarer Verantwortlichkeit in einer Gemeinschaft.
Das so entstandene Vakuum haben die Elitären, hauptsächlich durch
Schulen und Medien, mit eigenen Botschaften von der Notwendigkeit der
Unterwerfung unter einen angeblich unfehlbaren Mehrheitswillen und mit
falscher Ethik gefüllt, um ihren eigenen Interessen zu dienen, nicht
aber der Menschheit im Allgemeinen. Solange Menschen der Illusion der
Demokratie erliegen, werden sie gezwungen sein, dem Diktat derer zu
gehorchen, die die Staatsmaschinerie kontrollieren. Sie machen sich vor,
ihr Gehorsam sei nur ein kurzfristiges Problem, das man durch
konstruktive Tätigkeit innerhalb des Systems beseitigen könne. Aber
solch eine Haltung ignoriert die ins System eingebauten Mechanismen, die
jeden nicht den Interessen der Elitären dienenden Wandel zuverlässig
verhindern.
In der US-Komödie „Election“ von 1999 gibt es eine wunderschöne
Szene, in der der Demokratie eindrucksvoll die Maske vom Gesicht gezogen
wird. Darunter kommt eine Fratze zum Vorschein aus blanker, aggressiver
Gewalt, voller Verachtung gegenüber dem Mehrheitswillen, bar jeglicher
Moral außer derjenigen des eigenen Machterhalts. An einer High School
findet die Wahlkampagne für den Schülerpräsidenten statt. Wahlbewerber
sind zum einen die Schulschönheit, zum anderen der Spitzensportler der
Schule und außerdem eine nonkonformistische Schülerin, die sich durch
die staatlich-schulische Indoktrination nicht das selbständige Denken
hat abgewöhnen lassen. Die Wahlkampfreden der drei Bewerber finden in
der Schulsporthalle vor den versammelten Schülern und den Lehrern statt.
Die Nonkonformistin ist als letzte an der Reihe und stellt gleich zu
Beginn die rhetorische Frage, was die Wahl denn überhaupt bewirke.
Nachdem sie zunächst ausgebuht wird, gewinnt sie mit jedem weiteren Satz
immer mehr Zustimmung und erntet schließlich begeisterten Beifall. Sie
stellt die Wahlprozedur als leeres Getue ohne irgendwelche Wirkung bloß
und erklärt, wenn sie gewählt würde, würde sie als Schülerpräsidentin
gar nichts tun, die Schüler in Ruhe lassen und die unnützen
Wahlversammlungen abschaffen, damit sich jeder statt dessen mit den
Dingen beschäftigen könne, die ihm wichtiger seien. Der Applaus zum
Schluss ist überwältigend und sie hat die Wahl schon so gut wie in der
Tasche. Und dann passiert genau das, was das perfid-tyrannische System
der Demokratie in Wirklichkeit ausmacht: sie wird von der Liste der
Wahlbewerber gestrichen.
Wer nicht bereit ist, nach den Regeln des aktuell von den Machteliten
unter dem Arbeitstitel „Demokratie“ zur Verfügung gestellten Systems
von Befehl und Gehorsam zu denken und zu handeln, wird ganz schnell
ausgegrenzt, mundtot gemacht, wirtschaftlich vernichtet oder sogar
physisch beseitigt. Die US-Amerikaner gönnen sich schon seit einiger
Zeit eine wöchentlich aktualisierte Kill-List. Da kann es nicht mehr
allzu lange dauern, bis auch die Europäer nachziehen. Und wer nicht
bereit ist, seine Augen zu öffnen und das angeblich so anbetungswürdige
System der Demokratie als das zu erkennen, was es ist, darf sich nicht
wundern, wenn er gefragt wird, ob er wahnsinnig ist.
Verwandte Artikel:
Demokratie - ein Blick hinter die Kulissen
Die Kette des Gehorsams
Das Wunder von Detroit oder warum die Staatspolizei einpacken kann
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen